Der Neubeginn nach dem Krieg und  die Zeit bis 1980


Der Wiederbeginn nach dem Ende des schrecklichen Krieges war nicht einfach. Viele ehemalige Feuerwehrleute kamen nicht mehr aus dem Krieg zurück, andere, auch nicht wenige, wurden von den Siegermächten noch in Gefangenschaft gehalten. Diejenigen, die schon zu Hause waren, wollten zunächst keine Uniform mehr tragen und hielten sich deshalb auch sehr zurück.

 

In Wissenbach unternahm man durch Bürgermeister Karl Lückoff einige vergebliche Versuche eines neuen Anfangs. Es dauerte aber dann doch bis zum Jahr 1948, dem Geburtsjahr der D-Mark, bis es Bürgermeister Willi Schäfer gelang, genügend willige Männer zu finden, die bereit waren, die Arbeit im und für den Brandschutz ihrer Gemeinde wieder aufzunehmen. Es trafen sich damals 48 Wissenbacher im Schulsaal der „Alten Schule“ also auf dem Backes. Sie wählten dann Erhard Bastian zum Ortsbrandmeister, der allerdings nicht anwesend war und zur Annahme der Wahl von zu Hause geholt werden musste. Weil er im Krieg einige Monate bei der Feuerschutzpolizei in Frankfurt eingesetzt war, erwartete man von ihm auch die notwendige Qualifikation für sein Amt. Dieses übte er 23 Jahre aus, bis zu seinem Rücktritt im Oktober 1971.

 

Obwohl 1948 die erste Motorspritze (Fa. Metz) der Wehr übergeben wurde, ging es aus heutiger Sicht auf keinen Fall interessant zu. Nur ganz wenige Übungen fanden im Jahr statt. Den Terminplan der Wehr bestimmte der Arbeitsablauf der Nebenerwerbslandwirtschaft im Dorf, die damals noch einen sehr hohen Stellenwert besaß. So musste ständig auf Kartoffel setzen, Heuernte, Getreideernte, das Dreschen, die Grummetund die Kartoffelernte Rücksicht genommen werden. Deshalb galt es, die wenigen freien Stunden, die der Samstagnachmittag bescherte, zur Arbeit in der eigenen Landwirtschaft zu nutzen. Angekündigt wurden die Übungen durch den Polizeidiener der Gemeinde mit seiner Schelle und dem zusätzlichen Hinweis von Erhard Bastian „Erscheinen ist Pflicht“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

erste motorbetriebene Tragkraftspritze der FF Wissenbach

Schutzanzüge waren zu dieser Zeit nicht vorhanden, dafür ein Rock aus Pilotstoff und eine Mütze, die auch im Brandfalle von den Kameraden zu tragen waren. Dazu noch wenige Helme für diejenigen, die dicht am Brandherd das Feuer direkt bekämpften. Musste hin und wieder zu nachbarlicher Löschhilfe ausgerückt werden, erfolgte der Transport von Mannschaft und Gerät durch den LKW von Erwin Roth bzw. Karlheinz Ortmann. Das gleiche galt auch für Waldbrandeinsätze.

 

Im Jahr 1963 schafft die Gemeinde eine neue Tragkraftspritze (Fabr. Bachert) an und in 1964 einen gebrauchten VW-Bus, der von den Mitgliedern in Eigenleistung umgebaut und ausgerüstet, das erste Feuerwehrfahrzeug von Wissenbach wird. 1970 erhält die Wehr für die Wasserförderung über lange Wege einen Schlauchanhänger mit 350 m B-Schlauch.

Der größte Schritt in der Ausstattung unserer Feuerwehr kam im Jahr 1971. Aus einer Landesbeschaffungsaktion des Landes Hessen erhielten wir ein neues Löschfahrzeug (LF 8) und die Gemeinde Wissenbach, im letzten Jahr ihrer Selbständigkeit, baute ein neues Gerätehaus auf dem Grundstück des ehemaligen Bullenstalls. Sie sorgte damit für eine vorbildliche Unterkunft für Mannschaft und Gerät. Dankbar erinnern wir uns an die beiden Bürgermeister Oscar Henrich und Manfred Dobener, sowie den damaligen Kreisbrandinspektor Ludwig Reuter aus Herborn, die unseren Ortsbrandmeister Erhard Bastian nach besten Kräften unterstützt haben. Am 25.09.1971, dem Tag unseres 90jährigen Bestehens, erfolgte in feierlichem Rahmen die Übergabe des neuen Hauses und des Fahrzeuges.

Am 1. Oktober 1971 erfolgte der freiwillige Zusammenschluss unserer Gemeinde Wissenbach mit den Gemeinden Eibelshausen und Eiershausen zur neuen Großgemeinde Eschenburg.

Am 4. Oktober wird Hermann Weil, bisheriger stellv. Ortsbrandmeister zum neuen Wissenbacher Wehrführer ernannt und bei der Generalversammlung im Januar 1972 von den Feuerwehrmitgliedern gewählt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wehrführer Hermann Weil mit dem ersten Bürgermeister der Gemeinde Eschenburg, Otto Friedrich Schlemper

Die nun folgenden Jahre waren geprägt und bestimmt von der Ausbildung und Schulung der Mitglieder der Einsatzabteilung in vielen Lehrgängen auf Kreisebene und an der Landesfeuerwehrschule in Kassel. Auf diesem Gebiet sind wir dem seiner Zeit neu ins Amt berufenen Kreisbrandinspektor Siegfried Hermann aus Hirzenhain zu großem Dank verpflichtet, der mit großem persönlichen Einsatz dafür gesorgt hat, dass die Feuerwehren unseres Kreises auf einen hohen Wissens- und Leistungsstand gebracht wurden. Der gleiche Dank gilt dem Kameraden Reinhold Schwehn aus dem OT Eibelshausen, den wir Anfang 1972 zum ersten Ortsbrandmeister (heute heißt das Gemeindebrandinspektor) gewählt haben. Er hat dieses Amt dreizehn Jahre bekleidet und viel für die zunächst drei und später dann sechs Eschenburger Wehren getan. Sein größter Verdienst aber wird unvergessen bleiben, dass er diese sechs Ortsteilwehren zu einer Einheit zusammengeführt hat. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt wird bis heute in seinem Sinne weitergearbeitet.

 

In 1972 hatte die Wehr 30 Mitglieder. Neben den zahlreichen Übungen in der eigenen Wehr fanden zwei große Gemeinschaftsübungen statt. Dies war eine vorher nicht angekündigte Alarmübung aller Wehren des damaligen Unterbezirks Dietzhölze bei der Firma Möbel - Lückoff in Wissenbach. An einem Sonntagmorgen um 4:30Uhr erfolgte die Alarmierung durch den stellv. KBI S. Hermann, und es nahmen ca. 100 Feuerwehrmänner aus den acht Wehren des Bezirks teil. Trotz einer gewissen Verärgerung eines Teils der Übungsteilnehmer wegen des Termins klappte die Zusammenarbeit recht gut. In der anschließenden Manöverkritik gab es wenig zu beanstanden, aber viel Lob. Eine zweite Großübung mit den Wehren aus der Gemeinde Eschenburg gab es dann aus Anlass der Feier des 90jährigen Bestehens der Wehr Eibelshausen. „Brandobjekt“ war die Holderbergschule: Auch dies war eine gelungene Sache, ebenso wie die anschließende Jubiläumsveranstaltung im Bürgerhaus Eibelshausen.

 

In Wissenbach gab es zunächst sehr viel zu tun. Das neue Löschgruppenfahrzeug (LF 8) mit seiner umfangreichen feuerwehrtechnischen Ausstattung bot viele neue Möglichkeiten und Dinge mit denen man sich vertraut machen musste. Gerade in dieser Zeit traten einige interessierte junge Kameraden in die Wehr ein, die ausgebildet und in die bestehende Mannschaft integriert werden mussten. Und mit dem neuen Gerätehaus hatten wir erstmals ein richtiges zu Hause bekommen, in dem nicht nur gelernt, geübt und gearbeitet, sondern auch die Kameradschaft in den Reihen der Einsatzabteilung gepflegt und gefestigt wurde. All dies ist zum Grundstein für eine gute und erfolgreiche Entwicklung geworden, die bis heute anhält. Auch und gerade die Gründung der Jugendfeuerwehr lässt uns mit viel Optimismus in die Zukunft blicken. 

 

Die ersten Monate unter der neuen Wehrführung und als Teil der Gesamtwehr Eschenburg waren bestimmt vom Kennen lernen der Kameraden aus den beiden anderen Wehren Eibelshausen und Eiershausen. Drei Jahre später wuchsen die neue Gemeinde und natürlich auch die Wehr durch den Zusammenschluss mit den Gemeinden Hirzenhain, Roth und Simmersbach. Die Frage, wie das wohl mit sechs Feuerwehren bei uns funktionieren würde, beantwortete sich von selbst positiv. Es gab vom ersten Tag an bei allen viel guten Willen zum gemeinsamen Handeln. Von „Kirchturmspolitik“ in Sachen Brandschutz war nichts zu spüren. Es entwickelten sich Beziehungen und Bindungen, die bis heute bestehen. Sie sind aus der verantwortungsvollen Aufgabe der Wehren, den Brandschutz und die Technische Hilfeleistung in Eschenburg sicherzustellen, nicht mehr wegzudenken. Reinhold Schwehn stellte damals mit seinen sechs Wehrführern die Weichen für die Zukunft richtig und im Großen und Ganzen wird heute noch in seinem Sinne verfahren.

 

Nicht unerwähnt bleiben sollte die Tatsache, dass von Anfang an für die Eschenburger Wehren bestimmte Geräte und Materialien nur noch einmal angeschafft oder an einem Ort gelagert werden. Genau so werden auch spezielle Aufgaben von einzelnen Wehren übernommen. So sind beispielsweise in Eibelshausen und Hirzenhain hydraulische Rettungsgeräte (Schere und Spreizer) für den Einsatz bei Verkehrsunfällen stationiert. In Wissenbach wird eine komplette Ausrüstung, einschließlich der erforderlichen Vollschutzanzüge, für Hilfeleistungen bei Verkehrsunfällen (Beseitigung von Öl und Treibstoffen) und bei Unfällen mit anderen Gefahrstoffen, wie Säuren, Laugen, Chemikalien etc. vorgehalten. Das notwendige Wissen haben sich viele Kameraden bei Lehrgängen an der Landesfeuerwehrschule in Kassel und durch ständiges Üben angeeignet.

 

Gemeinschaftsübungen verschiedener Ortsteilwehren und jährlich eine solche mit allen sechs Wehren der Gemeinde finden statt. Die Zusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung klappen vorzüglich.

 

Mit einigen Kameraden besuchten wir die Feuerwehrmesse INTERSCHUTZ in Frankfurt. Unser Kamerad Karlheinz Ortmann schenkte der Wehr einen gebrauchten Bundeswehr-Jeep.

 

Am 1. Juli 1974 schlossen sich die Gemeinden Hirzenhain, Roth und Simmersbach der neuen Gemeinde Eschenburg an. Unser langjähriger Kreisbrandinspektor Ludwig Reuter aus Herborn ging in den Ruhestand und Siegfried Hermann aus Hirzenhain wurde sein Nachfolger, so wie auch wir dies gewünscht und vorgeschlagen hatten. Dieses war eine sehr gute Entscheidung, denn er war nicht nur ein kompetenter Fachmann, sondern auch eine Persönlichkeit, die gute Kontakte nach oben und einen „guten Draht“ zu allen Kameraden in den einzelnen Dillkreis-Wehren hatte.

 

Im Herbst veranstalteten wir auf dem Schulhof einen „Tag der Feuerwehr“. Obwohl wir einiges vorbereitet hatten, stieß die Veranstaltung auf wenig Interesse bei der Bevölkerung.

 

Höhepunkt des Jahres im Vereinsleben war dann im Spätsommer eine vier-Tages-Reise ins damals noch geteilte Berlin, und als Belohnung für Mühe und Arbeit eines Jahres feierten wir im Winter ein Schlachtfest.

 

Außer den bekannten Übungen und Unterrichten waren im Jahr 1974 keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen. Nach Abschluss der kommunalen Gebietsreform im Jahre 1975 erfolgte die Auflösung der Unterbezirke. So fand dann auch die letzte gemeinsame Übung in Weidelbach statt.

 

Im August durften wir Gastgeber eines in Wissenbach angesetzten Grundlehrgangs unseres Kreisverbandes sein. Insgesamt belegten wir in diesem Jahr nicht weniger als 18 Lehrgangsplätze, vier davon an der Landesfeuerwehrschule in Kassel.

 

Unseren Kameraden Albert Böttcher ernannten wir zum Ehrenmitglied.

 

Erhebliche Probleme bei der Löschwasserversorgung bzw. den -vorräten bereitete der sehr heiße und trockene Sommer 1976. Die Reserve in den Hochbehältern musste teilweise in Anspruch genommen werden, und manche Mitbürger glaubten, der Brandweiher wäre wohl ausschließlich für die Bewässerung ihrer Gärten vorhanden. Er wurde von Leuten aus allen Ecken des Dorfes regelrecht „geplündert“, so dass ohne Zulauf nur noch weniger als die Hälfte der Wassermenge vorhanden war.

 

Wir erhielten für unser Fahrzeug ein Funkgerät FuG 8 und ein viertes Atemschutzgerät. Ende August starteten wir für fünf Tage nach Reith in Tirol incl. einem Tagesausflug nach Innsbruck.

 

Das Jahr 1977 begann für uns mit einem Dachstuhlbrand im Wohnhaus eines Feuerwehrkameraden im Lindenweg. Seit diesem Tag gehörten wir auch zu dem neuen Lahn-Dill-Kreis, der von Rittershausen bis in den Vogelsberg reichte. Der neue KBI, Otto Schaaf, kam aus dem Kreis Gießen. Sein Stellvertreter aus dem Dillkreis, Siegfried Hermann.

 

Aus Beständen der Hess. Polizei erhielten wir einen noch sehr gut erhaltenen VW-Bus, den wir in Eigenleistung zum Mannschaftstransportfahrzeug ausbauten.

 

1978 – ein ganz normales Jahr, stand im Zeichen von Übungen der verschiedensten Art, Unterricht und Gerätedienst, sowie dem Besuch diverser Lehrgänge. Außerdem besuchten wir die Flughafen-Feuerwehr auf dem amerikanischen Militärflughafen „Rhein-Main-Airbase“, wo es einige interessante Dinge zu sehen gab.

 

Ein schönes Erlebnis hatten wir im Sommer mit einer fünfTagesfahrt nach Frankreich. Gerardmer in den Vogesen war unser Ziel und ein Tagesausflug nach Colmar und Riquewihr (Reichenweyer).

 

Im Jahre 1979 verzeichneten wir einen Sieg der Vernunft, denn der „Monsterkreis“, der größer als das Bundesland Saarland war, wurde aufgelöst. Der neue Kreis besteht nun bis heute. KBI ist wieder Siegfried Hermann und sein Stellv. Werner Opitz aus Hasselborn.

 

Im Winter brannte das Wohnhaus der Familie Weitzel in der Bombergstraße. Zu diesem Wohnhausbrand alarmierte man die Feuerwehr am 20. Januar 1979. Es war eine eiskalte Nacht, in der von den beiden Wehren aus Wissenbach und Eibelshausen wirklich alles verlangt wurde. Mit vereinten Kräften gelang es, das Feuer in dem alten Fachwerkhaus auf die eine Gebäudehälfte zu begrenzen, in der es entstanden sein musste, so dass nur dieser Teil ausbrannte. Vor allem gelang es aber, ein Übergreifen auf die in unmittelbarer Nähe stehenden Nachbarhäuser, einige zusammenhängende Fachwerkbauten, zu verhindern. Hier hätte das Feuer sonst reichlich Nahrung gefunden und ganz großen Schaden angerichtet. Bei extrem niedrigen Temperaturen gefror das Wasser in den Schläuchen, sobald die Pumpen standen. Auf der Straße bildete sich aus dem abfließenden Löschwasser sofort eine dicke  Eisschicht. Die Bewohner der Nachbarschaft kümmerten sich rührend um die Einsatzkräfte der Wehren, indem sie diese mit heißen Getränken versorgten und auch zum Aufwärmen in ihre Häuser einluden.

 

Das stark beschädigte Haus musste dann abgerissen werden und die Familie baute an anderer Stelle neu.

 

 

Am 25. Juli brannte das Sägewerk Jacobi in Eibelshausen durch ein vorsätzlich gelegtes Feuer vollständig ab. Die Arbeiten der Feuerwehren beschränkten sich auf die Erhaltung der Gebäude in der Nachbarschaft, wobei uns die Aufgabe zufiel, das Bürogebäude zu halten.

Im Mai hatten wir zum 100. Jahrestag des großen Brandes vom 7. Mai 1879 eine kleine Gedenkveranstaltung organisiert, die auf reges Interesse stieß. Den Erlös aus dem Verkauf von Bratwurst und Getränken von ca. 900 DM stellten wir unserer Schwesternstation zur Verfügung.

 

1980 nahm neben der eigentlichen Feuerwehrtätigkeit schon eine ganze Menge unserer Zeit für die Vorbereitungen und Planungen zu unserem großen Jubiläumsfest „100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Wissenbach“ in Anspruch.

 

Unseren Kameraden Helmut Beimborn ernannten wir anlässlich seines 60. Geburtstages zum Ehrenmitglied unserer Wehr.